Der Mehrabian-Mythos

Der Mehrabian-Mythos: Die 7-38-55-Regel

Peter Claus LamprechtPräsentationsdesign, Wirkung 3 Kommentare

Liebe Leser, bitte seien Sie gewarnt!

Denn viele Kommunikationsexperten pflegen noch immer einen Mythos. Danach wird die Bedeutung einer gesprochenen Botschaft zu 7 % durch Wörter kommuniziert, zu 38 % durch die Stimme und zu 55 % durch Mimik und Gestik.

Oder verkürzt: 93 % der Kommunikation laufen angeblich immer nonverbal ab, nur 7 % verbal. Verwiesen wird dabei auf wissenschaftliche Forschungsergebnisse eines gewissen Herrn Mehrabian.

Übertragen auf Vorträge wird sogar behauptet: Inhalte sind nicht so wichtig, Hauptsache Ihre Präsenz ist gut! Denn „… Sie wirken ja nur zu 7 % über das, was Sie sagen!“

Das ist natürlich Quatsch!
Und der Psychologe Albert Mehrabian hat mehrfach seinen Unmut über diese hartnäckige Fehlinterpretation seiner Ergebnisse aus dem Jahre 1967 geäußert, z.B. in diesem Radio-Interview: www.bbc.co.uk/sounds/play/b00lyv… (BBC Radio 4, Sendung „More Or Less“ vom 14. August 2009, ab Minute 23).

Silent Messages

Albert Mehrabian interessierte sich für die stillen Botschaften, die in Sätzen wie „Schön, Dich zu sehen!“ versteckt sind. Wenn wir so angesprochen werden, dann wissen wir, dass die Aussage geheuchelt sein kann. Wir achten daher unbewusst auch auf den Klang der Stimme und den Gesichtsausdruck unseres Gegenübers, um die wahre Botschaft zu erkennen. Mehrabian führte zwei Experimente durch, um die Bedeutung dieser „silent messages“ zu ermitteln.

Die Mehrabian-Experimente

Für das erste Experiment ließ er einen Sprecher bestimmte einzelne Wörter auf Tonband aufnehmen, z.B. „love“ oder „brute“. Dabei wurde jedes Wort in drei Varianten gesprochen, mal mit einem positiven Unterton, mal mit einem neutralen und schließlich mit einem negativen Unterton.
Dann wurde diese Aufnahme einer Gruppe von Studentinnen vorgespielt. Nach jedem Wort wurde das Band gestoppt, und jede einzelne Zuhörerin musste bewerten, ob der Sprecher sie (die Zuhörerin) sympathisch findet oder nicht.
Nun kann man sich leicht vorstellen, dass man z.B. nach dem Hören des Wortes „love“ mit einem positiven Unterton den Eindruck gewinnt, der Sprecher mag den Zuhörer. Und nach dem Hören von „brute“ mit einem negativen Unterton, der Sprecher mag den Zuhörer eher nicht.
Spannend wird es bei widersprüchlichen Signalen, also wenn z.B. „love“ mit einem negativen Unterton gehört wurde oder „brute“ mit einem positiven Unterton.
Das Ergebnis des ersten Experiments: Die Studentinnen haben sich im Zweifel meist vom Unterton leiten lassen. Der „tone of voice“ war etwa 5,5 Mal so stark wie das einzelne Wort – im Hinblick auf die Bewertung, ob der Sprecher die Zuhörerin eher mag oder eher nicht mag.

Das zweite Experiment war ähnlich aufgebaut. Doch dieses Mal wurde nur ein neutrales Wort („maybe“) gesprochen. Zusätzlich zu den Varianten mit den Untertönen wurden noch Fotos gezeigt, Porträts mit unterschiedlichen Gesichtsausdrücken: Positiv, neutral und negativ.
Das Ergebnis: Die „facial expression“ ist etwa 1,5 Mal stärker als der „tone of voice“ – wieder im Hinblick auf die Bewertung, ob der Sprecher die Zuhörerin sympathisch findet oder nicht.

Später, 1971, hat Albert Mehrabian die Ergebnisse der beiden Experimente mit der berühmten Zahlenreihe zusammengefasst:

Total Liking = 7% Verbal Liking + 38% Vocal Liking + 55% Facial Liking

Auf seiner Website stellt er klar, dass sich dieses Ergebnis seiner Untersuchungen nur auf „communications of feelings and attitudes“ bezieht, also ausschließlich auf die Kommunikation von Gefühlen und Einstellungen.

Was bedeutet das für Ihren nächsten Auftritt?

Soviel zu den beiden Experimenten. Mir ist schleierhaft, wie man daraus ableiten kann, ein Redner wirke nur zu 7 % über den Inhalt …

Dennoch geben die Ergebnisse von Mehrabian wertvolle Hinweise für Vorträge und Präsentationen:

  • Die Zuschauer spüren genau, ob der Redner zu dem, was er sagt, auch steht
  • Eine einstudierte Mimik und Gestik kann für Irritationen beim Publikum sorgen, denn sie wirken unecht
  • Ein ungünstiger Ausdruck in der Stimme kann es dem Referenten erschweren, das Publikum zu überzeugen

Lassen Sie sich also nicht verrückt machen: Das, was Sie zu sagen haben, ist wichtig und für die Wirkung Ihres Auftritts von größter Bedeutung. Die optimale Darstellung der Inhalte und Ihre persönliche Präsenz können diese Wirkung weiter verstärken und Ihren Auftritt perfekt machen.

Quellen und Links zum Thema:
Wikipedia zu Albert Mehrabian, en.wikipedia.org/wiki/Albert_Meh…
Website von Albert Mehrabian, www.kaaj.com/psych/smorder.html
Interview mit Albert Mehrabian, www.bbc.co.uk/sounds/play/b00lyv… (BBC Radio 4, Sendung „More Or Less“ vom 14. August 2009, ab Minute 23)

Über Peter Claus Lamprecht (Mr. Praesentare)

Peter Claus Lamprecht, Präsentationsberater

Moin, ich bin Peter Claus Lamprecht. Für die meisten bin ich Peter oder PC’L*.

* PC’L ist mein Spitzname und wird »Peeezl« ausgesprochen.

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